Einige Anmerkungen zum Begriff IniK
نویسندگان
چکیده
Vor gut zwei Jahren ist ein Konzept mit der Überschrift „Informatik im Kontext“ (kurz IniK) vorgelegt worden, das im Wesentlichen aus einer Sammlung von Unterrichtsbeispielen besteht, die auf einer zugehörigen Webseite versammelt sind. Es handelt sich um ein Konzept, dass nicht nur mit unseren Intentionen zum Informatikunterricht im Einklang steht, sondern auch zu dem passt, was in den Didaktiken der Naturwissenschaften (Biologie, Chemie und Physik) in den letzten Jahren postuliert worden ist. Ein konzeptioneller Überbau für die Unterrichtseinheiten, die unter der Überschrift „Informatik im Kontext“ versammelt wurden, ist nicht erkennbar aber nötig, damit die Sammlung nicht beliebig wird. Einige Grundsätze eines solchen konzeptionellen Überbaus werden wir skizzieren, in dem wir Kriterien benennen, die der Gefahr entgegenwirken, dass hier Beliebigkeit Einzug hält und aus der Vielzahl der Vorschläge begründet ausgewählt werden kann. Denn nicht alles, was auf dem ersten Blick nach IniK aussieht, ist tatsächlich geeignet, • den Schülerinnen und Schülern etwas zur Bedeutung der Informatik (auch im Kontext unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens) zu zeigen, • die Inhalte des Informatikunterrichts besser an die Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler anzubinden und zugleich • eine kritische Distanz zur Informationstechnik aufzubauen, denn nicht alles, was dort entwickelt wird bzw. sich dort entwickelt sollte kritiklos hingenommen werden. Weitergehende Gedanken und Überlegungen zu einer Begriffsbestimmung zu IniK sind darauf aufbauend zu entwickeln. 1 Unterricht im Kontext Die Idee zu einer Informatik im Kontext ist nicht neu. Sie ist nicht neu bezüglich des Faches, aber auch nicht bezüglich allgemeiner Entwicklungen in der Didaktik. Sie ist aber auch nicht neu bezüglich der Idee, fachliche Aspekte eines Unterrichtsfaches nicht fachsystematisch, sondern ausgehend vom Schüler zu betrachten. Etwa ab dem Jahre 2000 entstanden in den naturwissenschaftlichen Fächern Initiativen zum kontextorientierten Unterricht. Diese Konzepte sind eine Reaktion auf das vermin1http://www.informatik-im-kontext.de, Zugriff: 15.6.2010 derte Interesse der Jugendlichen für die naturwissenschaftlichen Fächer in den Schulen. Für Chemie im Kontext wird formuliert: „Naturwissenschaftliche Grundbildung (Scientific Literacy) ist die Fähigkeit, naturwissenschaftliches Wissen anzuwenden, naturwissenschaftliche Fragen zu erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen, um Entscheidungen zu verstehen und zu treffen [..] (OECD 2000)“ [IPF08, S.18] Der kontextorientierte Unterricht ist auf der einen Seite das Wiederentdecken (relativ) alter, (schon immer richtiger) didaktischer Ideen vor allem aus dem Bereich naturwissenschaftlicher und technischer Fächer. Auf der anderen Seite stellt er einen neuen Versuch dar, diese Ideen systematisch in die Didaktik und damit in den Unterricht zu integrieren. Um dieses zu festigen, wird Wert auf ein gestuftes Vorgehen gelegt. • Begegnungsphase • Neugierund Planungsphase • Erarbeitungsphase • Vernetzungsund Vertiefungsphase [IPF08, S.27] Ausgangspunkt bei allen drei etablierten naturwissenschaftlichen Fächern sind fachliche Basiskonzepte, die in (lebensnahen) Kontexten eingebettet werden sollen, um den Schüler ausgehend von seinem aktuellen Verständnis und Wissensstand zur tieferen fachlichen Einsicht zu führen. Da der Informatik-Unterricht in den Schulen vor ähnlichen Problemen wie der naturwissenschaftliche Unterricht steht, ist es naheliegend, derartige Konzepte auch in der Informatik zu etablieren. Auch für die Didaktik der Informatik ist Informatik im Kontext nur von der Überschrift her ein neuer Ansatz. Er nimmt zwar Bezug auf die oben dargestellten Ansätze aus den Naturwissenschaften, ist von der Idee schon viel älter. Der Bezug auf den Kontext liegt für die Informatik nahe, da sie auch in ihren fachsystematischen Handeln (vor allem bei der Software-Entwicklung), darauf angewiesen ist, dass der Anwendungsbereich einer eingehenden Analyse unterzogen wird. Die Wechselwirkungsprozesse zwischen Informatiksystemen und Einsatzumfeld sind viel enger als in anderen Disziplinen, die sich mit der Herstellung von Artefakten beschäftigen.2 So hat es schon immer auch in den fachdidaktischen Konzeptionen zur Schulinformatik Ansätze gegeben, die den Kontext miteinbeziehen. Die betrifft den anwendungsorientierte Ansatz vom Beginn der 1980er Jahre und die daran zum Teil anknüpfenden Grundbildungsansätze. Das Scheitern dieser Ansätze zeigt deutlich – ohne dass wir diese hier ausführlich darstellen können – die Notwendigkeit auf, Kriterien zu haben, anhand derer die Unterrichtseinheiten beurteilt werden können. 2 Ein konzeptioneller Rahmen für Inik Die Informatik hat sich als Fach Ende der 1960er Jahre an den Hochschulen und ca. 10 Jahre später an den Schulen etabliert. Diese Entwicklung war so rasant, dass die Professionalisierung der Lehrer mit dem Ausbau des Faches nicht Schritt halten konnte. Die technischen Artefakte der Informatik haben sich zudem so schnell weiterentwickelt und 2Dies wurde ausführlich in [Eng04] dargestellt. verbreitet, dass bei vielen Personen ein Bedürfnis entstand, diese auch anwenden zu können. Die Geschichte des Informatik-Unterrichtes in der Sekundarstufe I hat gezeigt, dass die Kolleginnen und Kollegen häufig verunsichert waren und heute noch sind. Aus der Fragwürdigkeit des fachsystematischen Unterrichtes und aus eigener Unsicherheit heraus wird oft die Alternative einer Produktoder Werkzeugschulung gewählt. Da es zudem sich um viele sich schnell verändernde Produkte handelt, deren Bezug zu den Hintergründen sich zumindest für den Nicht-Fachmann fast völlig entzieht, ist die Versuchung groß, diese Hintergründe zu ignorieren und sich in der Schule auf Anwendungsschulung zu beschränken. Es ergibt sich damit in den Naturwissenschaften und in der Informatik eine völlig unterschiedliche Ausgangssituation: In den naturwissenschaftlichen Fächern wird in erster Linie ein Unterricht erteilt, der sich an der Fachsystematik orientiert. In der Informatik dagegen findet (in der Sekundarstufe I) oft eine mehr oder weniger intensive Applikationsschulung statt. Naturwissenschaften Biologie, Chemie, Physik Unterricht in NW in der Sek I heute: mit Fachsystematik ohne Kontexte Unterricht in NW in der Sek I morgen: Fachsystematik entwickelt in und aus Kontexten NW Unterricht als 'NW i K': erfüllt die Bildungsstandards Informatik Unterricht in INF in der Sek I heute: Applikationsschulung als Kontext ohne fachliche Konzepte Unterricht in INF in der Sek I morgen: Fachsystematik entwickelt in und aus Kontexten INF Unterricht als 'IN i K': erfüllt die Bildungsstandards Abbildung 1: Die Naturwissenschaften und Informatik im Kontext In den Naturwissenschaften wie auch in der Informatik existiert eine Unzufriedenheit mit dieser Situation: In den Naturwissenschaften sollen zur besseren Motivation der Schülerinnen und Schüler zumindest teilweise (lebenswirkliche) Kontexte als Ausgangspunkt dienen, aus denen die fachlichen Konzepte extrahiert werden. Aufgrund der von den Lehrern verinnerlichten Fachsystematik soll und kann erreicht werden, dass eine Kohärenz vorhanden ist und keine Beliebigkeit einzieht. In der Informatik soll durch eine Reihe von Beispielen, die nicht beliebig, sondern kohärent sein müssen, erreicht werden, dass aus den (lebenswirklichen) Kontexten informatische Inhalte und Konzepte extrahiert werden können. Dabei gibt es sicher alternative Wege und die Kollegen müssen bzw. können aus einer Auswahl von Beispielen auswählen. Für die Naturwissenschaften und die Informatik gilt gleichermaßen: Im Unterricht sollen die in den Bildungsstandards [GI08], [KMK05a], [KMK05b], [KMK05c] definierten fach-spezifischen Inhalte und Methoden erreicht werden. Ziel muss sein, dass Schüler aus Kontexten heraus fachspezifische Inhalte und Methoden und Kompetenzen erlernen. Sie sollen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil die Motivation besitzen bzw. erwerben, sich in ihrem weiteren Schul-, Ausbildungsund Studienweg naturwissenschaftliche und informatische Inhalte anzueignen, damit ihnen viele attraktive Berufsmöglichkeiten offen stehen und damit dem drohenden gesellschaftlichen Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann. Für Informatiker geht es auch im Informatikunterricht der Sekundarstufe I um die Vermittlung der informatischer Inhalte. Die Bildungsstandards Informatik [GI08] bieten hierfür auch eine fachdidaktische Grundlage. Entsprechend formuliert auch die Initiative Informatik im Kontext auf ihrer Webseite: „Neu ist es, weil sich an den Bildungsstandards zur Informatik orientiert, die 2007 zum ersten Mal vorgestellt und 2008 als Empfehlung der Gesellschaft für Informatik veröffentlicht werden.“3 Diese Bildungsstandards sind bewusst nicht so formuliert, dass aus ihnen ein konkreter Lehrgang abgeleitet werden kann. Dies ist natürlich für den Lehrenden eine Schwierigkeit, wenn wie derzeit häufig keine festen Vorgaben, Richtlinien und Curricula existieren. Die Bildungsstandards mit ihrer Verzahnung von inhaltsund prozessbezogenen Kompetenzen legen einen kontextorientierten Unterricht ähnlich den Forderungen der Naturwissenschaftler nahe. Aber auch andere Unterrichtsformen, wie z.B. ein Projekt, entsprechen den Vorstellungen dieser Standards. Von einem kontextorientierten Unterricht kann erst gesprochen werden, wenn ein nicht unwesentlicher Teil des Unterrichtes entsprechend diesem Ansatz durchgeführt wird. Die Kontexte dürfen daher nicht selbst zu einer Rechtfertigung eines solchen Unterrichtes werden, indem aus einem lebenswirklichen Zusammenhang das Anwenden und das Training einer Anwendungsklasse abgeleitet wird. Daraus folgt, das die Kontexte und die darin vermittelten informatischen Inhalte einen für den Schüler erkennbaren Zusammenhang repräsentieren müssen. Die Organisation dieser Inhalte u.a. in Form derartiger Roter Fäden ermöglicht, dass „der gemeinsame fachinhaltliche Zusammenhang [..] im Verlauf des Unterrichts aus verschiedenen Blickwinkeln oder in verschiedenen Kontexten dargestellt“ wird. „Die Anordnung der unterrichtlichen Gegenstände durchzieht mehrere Unterrichtseinheiten.“ [PV09]
منابع مشابه
Datenschutzaspekte von Identitätsmanagementsystemen - Recht und Praxis in Europa
E-Mail: [email protected] Das Thema „technisch gestütztes Identitätsmanagement“ gewinnt weiter an Bedeutung. Inzwischen fördert die EU mehrere Projekte in diesem Bereich, die Zahl an Publikationen insbesondere in populären Zeitschriften nimmt zu. Die Spannweite der Definitionen von Identitätsmanagement oder Identitätsmanagementsystem (IMS) ist allerdings weit. Diese werden nachfolgend zu...
متن کاملOpen Source Graphdatenbanken - Konzepte und Klassifikation
In der jüngsten Vergangenheit hat es im Datenbankmarkt einen Paradigmenwechsel gegeben. Haben über viele Jahre relationale Datenbanken den Markt klar beherrscht und jede Art von Daten abgespeichert (" One Size Fits All "), so sind unter dem Begriff NoSQL (Not only SQL) eine ganze Reihe von neuartigen Systemen entstanden. Eine besondere Kategorie von NoSQL-Datenbanken sind Graphdatenbanken. Eine...
متن کاملAnmerkungen zur Gültigkeit von Zertifikaten
Gültigkeitsmodelle für Zertifikate und andere Signaturen wie das sogenannte „Kettenmodell“ verwischen den Begriff der Gültigkeit von Schlüsseln: Schlüssel können auch außerhalb ihres Gültigkeitsintervalls gültige Signaturen erzeugen und sind so faktisch selbst noch gültig. Der irreführenden Terminologie setzen wir eine Faustregel entgegen.
متن کاملInformatik im Kontext (IniK) - Ein integratives Unterrichtskonzept für den Informatikunterricht
Kontextorientierter Unterricht ist in den Naturwissenschaften ein bekannter und erfolgversprechender Ansatz. Doch lohnt eine Übertragung auf den Informatikunterricht, der ja sowie so schon viel stärker Kontexte beachtet? Anwendungen, Auswirkungen und Projekte gehören hier zum Standard. Im Artikel werden wir ein Konzept für Informatik im Kontext (IniK) erläutern und den erhofften Mehrwert darleg...
متن کاملWissen in Organisationen - Aspekten eines umfassenden Wissensbegriffes
Die in der Literatur zum Wissensmanagement häufig genannte Unterscheidung zwischen Wissen und Information ist hier zentral. Im Unterschied zu Information setzt Wissen Werte und Einstellungen voraus und ist eng mit dem Handeln verknüpft [TV01]. Eine Abgrenzung dieser Begriffskonzepte ist beispielsweise bei Bell [Be99] zu finden: Bell beginnt mit dem Begriff der Daten, die er als eine geordnete S...
متن کامل